Reform

Justiz-Pläne führen zur Staatskrise in Israel

Foto: Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services

Auch nach der Verschiebung der umstrittenen Reform-Pläne ist die gesellschaftliche Spaltung nicht geheilt. Israel steht vor schwierigen Zeiten.

Hunderttausende Demonstranten auf den Straßen, Generalstreik, ein gefeuerter Verteidigungsminister, die Armee in Alarmbereitschaft: Israel taumelt in eine Staatskrise, ausgelöst von der von Rechtsextremisten und religiösen Eiferern durchsetzten Regierung Netanjahu. Die Pläne zum Umbau der Justiz, die diese Regierung vorantreibt, sind gesellschaftlicher Sprengstoff.

Die am Montag durch den Druck der Straße erzwungene Verschiebung dieser Pläne auf Juli werden die gesellschaftliche Spaltung nicht heilen. Werden sie umgesetzt, wird das Oberste Gericht entmachtet und die Gewaltenteilung in Israel faktisch abgeschafft. Es gäbe kein Korrektiv mehr, wenn sich das Land hin zu einem autoritären Staat entwickeln oder wenn die Regierung den illegalen Siedlungsbau in den besetzten Gebieten noch aggressiver vorantreiben würde, als sie es das ohnehin schon tut.

Das befürchten nicht nur die Menschen, die seit Wochen unermüdlich auf die Straße gehen, um gegen die Reformpläne zu protestieren, weil sie nicht weniger als die Demokratie in Israel gefährdet sehen. Staatspräsident Herzog ruft zum Umlenken auf, Botschaftsangehörige streiken, Reservisten erscheinen nicht mehr zum Dienst. Die USA als der engste Partner Israels haben die Pläne ungewöhnlich scharf kritisiert.

Benjamin Netanjahu weiß aber: Knickt er vollends ein, ist seine Regierung Geschichte. Die Ultra-Konservativen, die er um sich geschart hat, betrachten die Richter des Obersten Gerichts als abgehobene Vertreter einer säkular geprägten Elite, die die Belange gläubiger Juden außer Acht lasse. Es ist auch ein persönlicher Rachefeldzug Netanjahus gegen eine Justiz, der er vorwirft, gegen ihn aus politischen Gründen wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit zu ermitteln. Diese Krise ist noch lange nicht ausgestanden. Israel stehen schwierige, schlimmstenfalls gewalttätige Zeiten bevor.

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