Wer braucht Opposition, wenn er die FDP in der Ampel hat? Die Vollgaspartei mutiert beim Thema Verkehr immer mehr zum politischen Geisterfahrer.
Es ist komisch, dass eine Partei, die sich vehement gegen ein Tempolimit stemmt, gleichzeitig mit beiden Füßen auf der Bremse stehen kann: Wer auch hoffte, dass es im Sektor Verkehr bei einer Ampel-Koalition innovativer und zukunftsoffener zugehen würde als unter der CSU-Dauerbesetzung des Bundesverkehrsministeriums, sieht sich massiv getäuscht.
Konstruktive Beiträge zum Erreichen der Klimaziele sind aus diesem Ressort nicht wahrzunehmen. Stattdessen die Wiederholung längst widerlegter Ansätze zur Verbesserung der Mobilität. Zum kleinen Einmaleins der Verkehrsforschung gehört, dass man den Verkehr bekommt, dem man Wege ebnet.
Wer über Jahrzehnte fürs Rad sichere und komfortable Wege schafft, bekommt liebens- und lebenswerte Innenstädte und Wohnquartiere wie in den Niederlanden. (Nebenbei: das Planungschaos um den Radschnellweg durchs Ruhrgebiet zeigt, dass offenbar auch mit einem grünen Verkehrsminister nicht alles rollt.)
Wer über Jahrzehnte Milliarden in Infrastruktur, Fahrzeuge und Personal der Bahn investiert, wird mit landesweitem, pünktlichen Taktverkehr wie in der Schweiz belohnt.
Die FDP hat weder Verkehrs- noch Klimapolitik verstanden
Wer jedoch immer noch glaubt, dass mehr Autobahnen Probleme lösen, hat weder Verkehrs- noch Klimapolitik verstanden. Wer den Deutschlandtakt 2030 der Bahn mal eben um 40 Jahre nach hinten verschiebt und gleichzeitig nicht einmal den Gratis-Gewinn eines Tempolimits für Klimaschutz und Verkehrssicherheit kassiert, entpuppt sich als Partei des politischen Geisterfahrens, die jetzt sogar ernsthaft dafür plädiert, doch bitte die Klimaziele auszusetzen. Können wir die Welt anhalten? Die FDP will aussteigen, möchte man da ausrufen...
Die jüngere Generation, die mit Schüler- und Studierendentickets groß geworden ist, hat es begriffen: Gefragt ist nicht automobiler Besitz, sondern verkehrsmittelübergreifende Mobilität. Dafür die digitale Grundlage zu schaffen, wäre Aufgabe für einen zukunftsorientierten Minister für Digitales und Verkehr. Die Welt von Vollgas und Verbrenner - sie liegt längst hinter uns.
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