Fazenda da Esperanca

Das Kloster Mörmter – Hof der Hoffnung für Suchtkranke

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Hofleiter Moritz Bucher. Das ehemalige Kloster in Xanten Mörmter ist ein „Hof der Hoffnung“.

Hofleiter Moritz Bucher. Das ehemalige Kloster in Xanten Mörmter ist ein „Hof der Hoffnung“.

Foto: Markus Weißenfels / FUNKE Foto Services

Xanten-Mörmter.  Seit 100 Jahren ist das Kloster Mörmter ein Ort der Hoffnung. Zunächst lebten Franziskaner hier, nun finden suchtkranke Menschen hier Aufnahme.

Manchmal ist das ja so – der Weg zum Ziel ist nicht auf Anhieb zu finden, mal muss man suchen, mal stolpert man zufällig in die richtige Richtung, mal gibt es Wegweisungen.

Moritz Bucher freut sich, wenn alle drei Faktoren ins Kloster Mörmter führen – besser, ins ehemalige Kloster Mörmter, denn da, wo einst Franziskaner nach dem Sinn des Lebens suchten, hat sich ein anderer „Hof der Hoffnung“ entwickelt, eine „Fazenda da Esperanca“. Moritz Bucher ist der Chef vor Ort – und teilt mit den Bewohnern das, was einem im Leben aus den Socken hauen kann: jahrelanger Drogenkonsum, Alkoholismus, Depressionen, Obdachlosigkeit.

Der König vor dem Speisesaal

Dabei ist die Fazenda kein klassisches Therapie- bzw. Nachsorgezentrum, in denen Fachleute Alkohol- und Drogenkranke berufsmäßig therapieren und rehabilitieren. „Die Fazenda ist ein Ort der Lebensfindung für Abhängige. Sie lässt die karitative „Wirk“-lichkeit einer Familie (nach)erfahren. Dem Einzelnen wird ein neues Vertrauen zum Leben ermöglicht. Und der Hof der Hoffnung vermittelt wie eine Familie psychosoziale Lebensgrundkompetenzen“, sagt Moritz Bucher.

Ein kleiner König steht im Flur zum Speisesaal. Ein holzgeschnitzter schüchterner Kerl, der seine Krone in der Hand hält – eine dieser berührenden Skulpturen des Künstlers und Diakons Ralf Knoblauch. „Jeder Mensch hat seine Würde“, sagt Moritz Bucher. „Unsere Bewohner haben das zum Teil nie erfahren – oder vergessen.“

Arbeit, Gemeinschaft, Spiritualität

Arbeit, Gemeinschaft und Spiritualität – diese drei Säulen tragen das Konzept der Fazendas. Es gibt inzwischen etwa 160 Niederlassungen in 25 Ländern, die erste entstand vor 40 Jahren in Brasilien, in Deutschland gibt es Fazendas seit 25 Jahren. Im Sommer 2009 weihte Bischof Dr. Felix Genn die Einrichtung im ehemaligen Franziskanerkloster Mörmter ein.

Zwölf Plätze hält der „Hof der Hoffnung“ hier bereit – ausschließlich für Männer. Fazendas nur für Frauen gibt es auch. „Es ist wichtig, dass man, wenn man hier lebt, sich Ruhe und Zeit für sich nehmen kann, ohne Ablenkung, ohne Stress, ohne sich beweisen zu müssen“, weiß Moritz Bucher. Ein spirituelles Angebot gehört dazu – die Fazendas sind katholisch verwurzelt – man kann gemeinsam beten, muss es aber nicht.

Die Spiritualität des Evangeliums könne als Wegweiser dienen, aber man sei da offen, so der Hofleiter. Wichtig sei, dass die Bewohner Selbstbewusstsein, Vertrauen, Nächstenliebe, Kraft und Durchhaltevermögen gewännen und „als aktive und verantwortungsbewusste Mitglieder in die Gesellschaft zurückkehren.“

Drogen, Alkohol, obdachlos

Drei Phasen prägen den Aufenthalt, sagt Moritz Bucher. Phase 1: „Man kommt an und wird getragen“. Phase 2: „Man lernt allein zu gehen“. Phase 3: „Man trägt andere“. Aufgenommen werden Hilfesuchende auch ohne Therapiekostenzusage der Rentenversicherung oder der Krankenkassen – „deshalb ist sie für viele suchtkranke und oft auch obdachlose Menschen, die durch Drogen alles verloren haben und aus dem Sozialsystem gefallen sind, der Ort der letzten Hoffnung“.

Moritz Bucher weiß wovon er redet – er hat eine steile Drogenkarriere hinter sich – „wenn ich nicht zufällig auf einer Fazenda gelandet wäre, wer weiß...“ Nun lebt er mit seiner Frau und dem kleinen Sohn im ersten Stock des 100 Jahre alten Gebäudes. Hoffnungsträger und Motivationsgeber für alle, die noch auf dem Weg sind. Wer selber in Drogen und Alkohol abdriftete, weiß, wie sich Entzug anfühlt, weiß, wie tief die Löcher sind, aus denen man ‘raus kommen muss. Moritz Bucher hat das geschafft – und hilft mit seiner Lebensgeschichte all denen, die das noch vor sich haben.

Neben den hauswirtschaftlichen Arbeiten erledigen die Bewohner der Fazenda u.a. das Schmücken und Sauberhalten der Kirche. Im Außenbereich wird der Garten und eine kleine Tierwelt versorgt – Hühner, Enten, drei Schweine, Bienenvölker. Holzspenden sind übrigens jederzeit willkommen. Die „Tafel“ hilft mit Lebensmitteln.

Das kleine Hofcafé

In einer kleinen Werkstatt wird der „Neue Mensch“ geboren, eine kleine Figur, die sich an der Bibel festhält – wenn man die wegnimmt, kippt das Männchen um…

Das und so allerlei mehr kann man im kleinen Hofladen kaufen. Gleich nebenan öffnet Mitte März wieder das Hofcafé. Kaffee, frischgebackener Blechkuchen und ganz viel Nahrung für die Seele… Die Einnahmen helfen mit, das Projekt zu finanzieren. „Wir sind froh und dankbar, dass uns so viele Ehrenamtliche helfen.“

Hofcafé Öffnungszeiten: sa+so, 14-16.30 Uhr. Ab Mai: di, mi, do, sa, so: 14-16.30 Uhr. Düsterfeld 8, 46509 Xanten-Mörmter. Wer anders helfen will. Spendenkonto bei der DKM: Fazenda da Esperanca-Deut. e.V. :

DE 9840 0602 6500 1526 3705.

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