Neukirchen-Vluyn. Vier Frauen haben in Neukirchen-Vluyn eine „Schule für alle Sinne“ gegründet. Kurse und Workshops sollen ganzheitliche Gesundheit fördern.
Der Duft von frisch gebackenem Brot liegt in der Luft. Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein leckerer Kaffee… „Ist Mandelmilch dazu in Ordnung?“, fragt Lisa Ophardt. Klar! Kurz darauf sitzen sie und ihre drei Kolleginnen gemeinsam auf der Terrasse, schauen auf die vielen Seerosen auf der idyllischen Niep, und erzählen von ihrer gemeinsamen Arbeit. Ja, es geht um gesunde Ernährung, deshalb das „darmfreundliche Brot“, wie sie es nennen, oder auch die pflanzliche Milch, denn „gesamtgesellschaftlich essen wir zu viele tierische Produkte“. Aber ihre „Holistic Academy“ soll noch mehr, soll eine „Schule für alle Sinne“ sein. „Wir wollen den Menschen auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Gesundheit unterstützen“, erklärt Hanna van Dré. Dass ein solcher Weg mitunter ganz schön schwierig zu bestreiten ist, weiß sie selbst nur zu gut.
„Ich habe viele Jahre in der Personalentwicklung gearbeitet“, erzählt die 43-Jährige. Doch der „klassische Einstieg in die Wirtschaft“, wie sie es nennt, war mit viel Stress verbunden. „Besonders wir Frauen wollen immer 200 Prozent geben“, sagt sie. Und die Dauerbelastung forderte bald ihren Tribut: Sie wurde krank. Also ging sie von Arzt zu Arzt, hoffte auf ein Mittelchen, das sie schnell wieder gesund machen würde. Vergebens. „Dadurch führte eins zum anderen, ich hinterfragte viele Dinge und überlegte, ob mein Lebensweg so gesund ist“, erzählt sie. Nein, das war er nicht, stellte sie schließlich fest. Also musste sich etwas ändern. Sie ging zur Heilpraktikerin, stellte ihre Ernährung um, auch wenn das anfangs nicht so einfach war: „Wenn man 30 Jahre den gleichen Lebensstil hatte, fällt das total schwer!“ Vieles schmeckt ja auch einfach gut… „Da denkt man, das Leben ist erstmal zu Ende.“
Körper, Geist und Seele
Ist es aber natürlich nicht. Im Gegenteil. Hanna van Dré merkte schon bald, dass sich tatsächlich etwas veränderte. Plötzlich war sie nicht dauerhaft müde, vertrug wieder mehr Lebensmittel. Doch mit der Ernährungsumstellung war es nicht getan. Sie kündigte ihren Job, ließ sich zur Ernährungsberaterin ausbilden und lernte darüber Sandra Weerd kennen. Die psychologische Beraterin dachte ähnlich wie sie: „Körper, Geist und Seele hängen immer miteinander zusammen.“ Wie wäre es denn eigentlich, wenn sie eine Schule für ganzheitliche Gesundheit gründen würden? Gesagt, getan. Dazu holten sie sich noch zwei weitere Expertinnen ins Boot: Lisa Ophardt, Heilpraktikerin und Darmexpertin, sowie Martina Rayers, Sporttrainerin und Personal Coach. Alle haben eine Ausbildung oder eine Zertifizierung im Gesundheitsbereich, das ist ihnen wichtig zu betonen.

„Ich habe selbst zwei Jahre im Krankenhaus gearbeitet und dabei die Schulmedizin noch einmal schätzen gelernt“, erklärt Lisa Ophardt. Weil aber auch sie schon so manches Mal an deren Grenzen gestoßen sei, möchte sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen das Beste aus beidem miteinander verbinden. Gesprächsabende mit Ärztinnen und Ärzten auf der einen, Wildkräuter-Kurse, Kakao-Zeremonien, Energie-Meditationen oder Koch-Workshops auf der anderen Seite. Dazu kommen die individuellen Beratungen: Welche Ernährung, welches Coaching passt am besten? Am Anfang steht dabei immer ein Anamnese-Gespräch, auf dem der anschließend gemeinsam entwickelte „Masterplan“ basiert. „Viele, die zu uns kommen, haben das Gefühl, dass sie nicht nur auf ihre Blutwerte reduziert werden und ihnen endlich mal jemand zuhört“, sagt Katrin Winkler, die als Coach in der „Holistic Academy“ arbeitet.
Genuss am Essen, Freude am Leben
Aber, das ist den „Sinnespionieren“, so der selbstgewählte Name, ebenfalls wichtig zu betonen: „Zu uns kommen nicht nur kranke Menschen, wir wollen auch präventiv arbeiten.“ Es geht um Genuss am Essen, Freude am Leben. Dafür reicht es manchmal schon, einen Abend in der Pop-Up-Küche zu verbringen, sich von einem Gourmet-Koch bekochen zu lassen und das gesunde (aber vor allem leckere) Drei-Gänge-Menü mit allen Sinnen zu genießen. Obwohl die meisten Speisen vegan sind, können sich Teilnehmende durchaus auf Wunsch auch Fleisch dazu bestellen. „Wir wollen es entspannt und undogmatisch angehen“, erklärt Hanna van Dré. „Nur wenn der Körper in Balance ist, kann er seine Selbstheilungskräfte aktivieren.“ Und so laufen gegenüber der Terrasse auch ein paar Hühner herum, deren Eier sie ebenfalls weiterverarbeiten. Doch im Garten der „Schule für alle Sinne“ gibt’s noch mehr zu entdecken…

Vor zwei Jahren haben die Frauen das Grundstück direkt am Wasser gefunden, haben das Häuschen kernsaniert und den Gemüsegarten inklusive Kräuterrondell und Gewächshaus angelegt. „Frisch gepflückte Tomaten oder Gurken schmecken einfach anders“, schwärmt Hanna van Dré. 150 Kilogramm Gemüse hat sie im vergangenen Jahr geerntet, dabei hat sie sich das Gärtnern selbst beigebracht. „Es funktioniert“, sagt sie und zuckt lachend mit den Schultern. Auf chemische Mittel verzichtet sie, stattdessen setzt sie auf natürliche Methoden. Deshalb stehen beispielsweise die Erdbeerpflanzen direkt neben dem Knoblauch, der Schädlinge vertreiben soll.
Ein paar Meter weiter, im Kräuterrondell, wächst die orangefarbene Kapuzinerkresse. „Die schmeckt schön scharf“, sagt sie. Und wer japanische Heilminze probiert, braucht definitiv kein Kaugummi mehr! Aber Vorsicht: „Heil- und Wildkräuter sollte man immer vorsichtig dosieren.“ Deshalb reichen auch nur wenige Blätter vom Käsekraut, das tatsächlich an gut gereiften Camembert erinnert und das am besten, verrät die Expertin, auf frisch gebackenem Brot schmeckt.

>>> Die Sinnespioniere aus Neukirchen-Vluyn
Die „Sinnespioniere“ sind im Internet mit einer eigenen Homepage vertreten. Hier finden Interessierte Rezepte, Kursangebote oder andere Veranstaltungstermine: www.sinnes-pioniere.de

Die „Holistic Academy“ ist zu finden am Waldwinkelsweg 15a in Neukirchen-Vluyn, direkt am am Niepkuhlenufer.
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