Kommentar

Schwarzfahrer gehören nicht ins Gefängnis

Patrick Schuh kommentiert.

Patrick Schuh kommentiert.

Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

Hohe Kosten, hoher Personalaufwand und volle Gefängnisse – das Schwarzfahren muss entkriminalisiert werden.

Hunderte Menschen sitzen in NRW im Gefängnis, weil sie Bus- und Bahnfahrten nicht bezahlt haben. Den Staat kostet das Prozedere jährlich Millionen an Verhandlungskosten, hinzu kommt der Aufwand in den Justizvollzugsanstalten: Wie im Fall der früheren Obdachlosen Gisa M. aus Düsseldorf, die gegen ihre Heroinsucht ankämpfen wollte, es von der Straße schaffen wollte, im Bus zur Methadontherapie keinen Fahrschein vorzeigen konnte und für vier Monate inhaftiert wurde.

Der Freiheitsentzug ist die höchste Strafe in unserem Land. Für Menschen wie Gisa M., die ihr Leben in den Griff bekommen wollen, ist Haft völlig kontraproduktiv. Diese Feststellung ist natürlich kein Aufruf zum Schwarzfahren, sondern wirbt für mehr Verständnis für die Situation von Menschen in Armut.

Große Hoffnung galt dem Ziel der Bundesregierung, den Nahverkehr erschwinglich für alle zu machen. Die Verkehrsunternehmen berichteten damals, dass das 9-Euro-Ticket geholfen hat, die Zahl der Schwarzfahrer zu reduzieren.

196 Pfandflaschen für ein 49-Euro-Ticket

Natürlich soll und muss der ÖPNV etwas kosten. Doch für Obdachlose oder von Armut betroffene Menschen sind 49 Euro im Monat utopisch. Wer zynisch auf das Thema blicken möchte, kann den Preis des Deutschlandtickets ja einmal in 25-Cent-Pfandflaschen umrechnen – es sind 196.

Es ist ein richtiger und wichtiger Schritt, dass der Bundestag am Freitag über die Halbierung der Dauer von Ersatzfreiheitsstrafen diskutiert. Im nächsten muss das Schwarzfahren entkriminalisiert werden, die Einstufung als Ordnungswidrigkeit wäre gerechter, auch Sozialstunden. Das alles würde die seit Jahren überfüllten Gefängnisse entlasten – und Menschen in Armut eine faire Perspektive außerhalb von Gitterstäben bieten.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Niederrhein