Interview

Warum muss es denn Posaune sein, Herr Fink?

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Hansjörg Fink.

Hansjörg Fink.

Foto: Frank Wiesen

Am Niederrhein.  Hansjörg Fink spielt Posaune und war in 70 Ländern der Welt zu Gast. Ein Interview über Musik und die Kunst, musikalisch Grenzen auszuprobieren.

Sein Arbeitsgerät hat Hansjörg Fink durch die ganze Welt getragen. Mehr als 5000 Auftritte in 70 Ländern – Hansjörg Fink, Musiker, Blechbläser, Posaunist, Nettetaler, hat schon in vielen Konzertsälen, in Kirchen, Theater, in BigBands und Co seine Musik präsentiert. Hansjörg Fink spielt Posaune, dieses Instrument, dass so laut ist wie kein anderes Blasinstrument, das dröhnt und poltert und wie geschaffen scheint, den Untergang der Welt musikalisch zu begleiten, und doch kann es auch zart sein und sanft, leise und voller Gefühl. Hansjörg Fink ist am Niederrhein zu Hause und hier, in seiner Heimat, gibt er auch immer wieder Konzerte. Am Sonntag ist er in Kevelaer zu Gast, ein Konzert für Orgel und Posaune. Im Mai konzertiert er in Nettetal…

Was ist das Faszinierende an diesem Instrument, warum muss es Posaune sein?

War die Liebe auf den zweiten Blick! Hatte als Jugendlicher im Städtischen Jugendorchester auf einem geliehenen Tenorhorn gespielt und mir als Turmbläser und Beerdigungsspieler etwas Taschengeld verdient. Unser Dirigent benötigte fürs Orchester Posaunen und fragte mich, ob ich das nicht machen möchte. Er bemerkte mein Zögern, da ich ja meine „Einkommensquelle“ nicht verlieren wollte und bot mir den Deal an, Posaune zu lernen und trotzdem mein Leihinstrument Tenorhorn zu behalten. Deal!! So kam ich zur Posaune, und dann nicht mehr davon weg!

Was ist der Posaune denn lieber – der Einsatz bei einer Bigband-Sause oder eine kleine Session in einer Kirche, bei einem Orgelfestival etwa?

Alles ist extrem herausfordernd und interessant, jedoch komplett anders – und das macht den Reiz aus. In der Bigband zum Beispiel bist du Teil eines großen Ganzen mit kleinen Spots zum Solieren, der Gesamtklang steht im Vordergrund. In den kleinen Besetzungen bist du selbst komplett im Focus, alles ist klar hörbar, du gestaltest alleine mit deinem Duopartner Programm und Ausführung. Das macht eine unglaubliche Freude: Es ist fragil, aber sehr spannend, ich kann hier meine Kreativität und meine musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten voll ausleben.

Posaune und Orgel - eine Instrumentenkombination, die es in sich hat

Am kommenden Sonntag spielen Posaune und Orgel zusammen – das kann laut auf beiden Seiten werden.

Klar, das gehört dazu – aber auch leise, lyrisch und intim. Die dynamische Bandbreite ist bei dieser Instrumentenkombination enorm und die wird voll ausgekostet. Der Vorteil ist, dass mein Duopartner Elmar Lehnen und ich in unseren ausschließlich selbst geschriebenen Werken, die wir in unserer schon 15-jährigen Zusammenarbeit geschrieben haben, komplett selbst entscheiden, wie und was wir interpretieren. Wir schreiben uns auf den Leib und loten die Grenzen des Machbaren dieser Instrumentenkombination aus. Das macht einen unglaublichen Spaß und hat uns schon viele tolle musikalische Werke beschert. Anfangs waren wir etwas unsicher, wie „unsere“ Musik ankommt, ob wir das so anbieten können, da wir aus sehr unterschiedlichen Stilbereichen Elemente verwenden, die wir miteinander verbinden und dadurch einen neuen eigenen Klang schaffen. Das hat sich die letzten Jahre herauskristallisiert und wurde uns europaweit auf vielen Festivals und Konzerten vom Publikum lautstark bestätigt.

Sie überschreiten gerne Grenzen, musizieren gern spartenübergreifend, verbinden etwa Kirchenmusik mit Jazz. Das kann auch schon mal anstrengend für die Ohren sein.

Selbstverständlich, das gehört mit dazu, wobei „anstrengend für die Ohren“ in der Musik immer eine sehr subjektive Aussage darstellt. Für die einen ja, für die anderen nein, das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks, der musikalischen Vorlieben, ob man offen ist für eine neue Hörerfahrung, etc.

Es ist keine Gebrauchsmusik zum „nebenbei“ hören

Wir legen Wert darauf, dass die genutzten musikalischen Ausdrucksmittel eine starke Aussage haben, ja, manchmal auch provozieren, Stimmungen hervorrufen und den Hörer dazu bewegen, seine eigenen Bilder und Gedanken zu entwickeln. Es ist sicherlich keine Gebrauchsmusik, die man „nebenbei“ hört und sich berieseln lässt. Wir laden ein, sich auf unsere Musik einzulassen und mit einer spannenden und inspirierenden Hörerfahrung nach dem Konzert nach Hause zu gehen.

Wird Musik überhaupt noch gehört, wenn sie nicht Ramtamtam Partystimmung macht? Muss sich in der Musikerziehung etwas ändern?

Es gibt wirklich noch viele Menschen, die Interesse haben an anspruchsvoller und „von Hand“ gemachter Musik, wobei ich feststellen muss, dass die Jugend dabei schwach vertreten ist. Hoffnung macht mir allerdings ein ganz aktuelle Erfahrung: Ich war Mitglied einer international besetzten Jury für den Jazzorchester Wettbewerb „Jugend jazzt“ Niedersachsen in Hannover. Neun Bigbands mit insgesamt mehr als 200 Jugendlichen spielten um den Titel Landessieger Niedersachsen und dies auf erstaunlich hohem Niveau, mit viel Engagement und Begeisterung. Es war großartig dies miterleben zu dürfen.

Auf Ihrer Webseite nennen Sie als Berufsbezeichnung Komponist, Arrangeur, Posaunist ...

Es gehört alles zusammen. Gerade in meinen kleinen Projekten sind diese Fertigkeiten stets gefragt und werden eingesetzt. Ich sehe mich als Musiker, als kreativen Künstler, der gestalterisch und auf handwerklichem Topniveau seine Musik präsentieren möchte. Und das mit viel Leidenschaft und Hingabe für mein Fach!!

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