Tennis Open

Roland Herfel hat am Court seinen Traumberuf gefunden

| Lesedauer: 5 Minuten

Düsseldorf. Zufälle prägen den Lebensweg. Roland Herfel kann dahinter nur drei dicke Ausrufezeichen schreiben. Der Weg vom Münsteraner Studenten aus Marl bis in den Kreis der hauptamtlich bezahlten Schiedsrichter der Tennis-Profivereinigung ATP hatte mit Fleiß, Schweiß, Können und auch ein wenig Glück zu tun. Mittlerweile hat der 47-Jährige vier olympische Turniere und alle vier Grand Slams mitgemacht. „Ich habe meinen Traumberuf gefunden“, erklärte der Oberschiedsrichter der Düsseldorf Open im NRZ-Gespräch.


Herr Herfel, würden Sie sagen, Sie waren rund um die Boris-Becker-Euphorie Mitte der 80-er Jahre zur rechten Zeit am rechten Ort?
Auf jeden Fall! Bei einem Satellite-Turnier in Münster wurden Spieler gesucht, die auch schiedsrichtern können. Damals herrschte da bei kleineren Turnieren ein Mangel. Da saß ich dann zum ersten Mal oben. Während meines Studiums kam ich immer mehr zum Einsatz. Durfte in die Bundesliga nach Neuss oder Hagen. Und bin gefördert worden. Vom legendären Rudi Berger.


Der ist ja einer Ihrer Vorgänger im Rochusclub.
Er hat mich sehr unterstützt. Sonst wäre ich nicht 1993 binnen weniger Jahre über Weiß-, Bronze- und Silber- in den Gold-Status der Schiedsrichter-Gilde gekommen.


Da waren Sie aber schon bei so vielen Turnieren im Einsatz, dass Sie davon leben konnten.
Stimmt. Ich habe auch die WTA-Frauen und beim Davis Cup geschiedsrichtert. Das war eine gute Mischung. Dann hat mir die ATP die jetzige Position angeboten.


Sind Sie bei heißer Witterung schon mal aus dem Hochsitz gekippt?
Nein, Hitze muss man aushalten können. Sonst darf man den Job nicht machen. Aber grundsätzlich ist für den Schiedsrichter Wärme angenehmer als Kälte.


Verzählt man sich schon mal, wenn ein Match stundenlang dauert?
Das kann unter Stress und Druck schon mal passieren. Schließlich hat der Referee oben ein Tablett, auf dem er die Anzeigentafel bedient. Es wird schnell hektisch, gerade bei strittigen Dingen, wenn man nicht konzentriert ist.


Wie oft geht’s zum Augentest?
Einmal im Jahr. Da sind die Regeln streng. Grundsätzlich muss man den Ball fokussieren können. Und auch einen guten peripheren Blick haben.


Im Gegensatz zum Fußball gibt es beim Tennis ja den „Videobeweis“. Blitzschnell mit dem Hawk Eye.
Das ist auf jeden Fall ein Vorteil, weil es Fehlentscheidungen minimiert und Aufregung aus dem Spiel nimmt.


Der gern aufbrausende John McEnroe hätte es heutzutage schwer.
Vielleicht brauchte John damals etwas auf dem Spielfeld, woran er glaubte. Grundsätzlich würde er heute nicht so auftreten wie vor 30 Jahren. Allein wegen der höheren Strafen. Auch sind die Spieler heute psychologisch besser geschult.


Können Sie nachvollziehen, dass die Bundesliga-Fußballer auf den Videobeweis bei Torentscheidung verzichten?
Nein. Wenn das System funktioniert, ist es eine große Hilfe. Wie beim Pokalfinale am Samstag gesehen. Bei solch einem K.-o.-Spiel gleicht sich auch keine Fehlentscheidung wieder aus. Dortmund hat am Ende verloren. Wenn im Tennis der Matchball falsch gut gegeben wird, ist die Partie auch entschieden.


Haben Sie ein Lieblingsturnier?
Monte Carlo und Barcelona stehen für eine schöne Atmosphäre. Die Februar-Turniere in Dubai zählen zu meinen Höhepunkten. Ein Knaller ist das Masters in Indian Wells in Kalifornien.


Was macht es besonders?
Larry Ellison (Oracle-Software-Gründer, 36 Milliarden US-Dollar Vermögen, d. Red.) hat in der Nähe von Palm Springs eine Grand-Slam-Anlage geschaffen. Es gibt das Hawk Eye auf 16 Plätzen, dazu zwei Stadien. Eines mit 16 100, das andere mit 8000 Plätzen. Zuletzt waren in 14 Tagen rund 400 000 Besucher da. Ich glaube, bei den US Open zählen sie schon mit, ob sie von Indian Wells nicht abgehängt werden.


Welchen Länderpunkt hätten Sie gern noch?
Ich war nur einmal in Südamerika. Beim Daviscup in Brasilien. In Chile oder Mexiko würde ich gern mal einige Turniere machen. Meist werden dort aber Kollegen eingesetzt, die auch Spanisch sprechen.


Rechnen Sie manchmal Ihre Wochenarbeitszeit aus?
Nein, nie. Es gibt Hallenturniere, da werden auf einem Court schon mal acht Matches hintereinander ausgetragen. Tennistage können ziemlich lang werden.


Wie oft sind Sie bei der Familie?
So oft es geht. Wir leben in Wolfsburg.


Sind Sie auch beim VfL zu Gast?
Natürlich! Mein Live-Höhepunkt war Grafites Hackentor beim 5:1 gegen die Bayern im Meisterjahr 2009.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Düsseldorf