Düsseldorf. Das Düsseldorfer Toilettenkonzept soll den städtischen Raum aufwerten. Nun öffnet die erste „Toilette für alle“ für Personen mit Behinderung.
Für das Düsseldorfer Toilettenkonzept die Hauptstadt Berlin Vorbild. Das verriet Städtkämmerin Dorothée Schneider bei der Eröffnung der „Toilette für alle“ an der Moselstraße.
In Berlin habe man grundsätzlich danach gefragt, wo im Stadtgebiet welche Toiletten eigentlich gebraucht werden. Genau so ging man auch in Düsseldorf zu Werke, seitdem der Stadtrat am 7. April diesen Jahres das Toilettenkonzept beschlossen hatte. Übernommen habe man den „komplexen Ansatz“ der Bundeshauptstadt. Wie dort habe man auch in Düsseldorf Befragungen und Begehungen durchgeführt, um den Bedarf beziffern zu können, wie Schneider mitteilte.
Die drei Säulen des Toilettenkonzepts
Das Toilettenkonzept in Düsseldorf ruhe dabei auf drei Säulen. Erstens werden alle vorhandenen Anlagen der Wall-AG ausgetauscht und durch Anlagen der Firma Hering Sanikonzept GmbH ersetzt. Ab 2024 wird die Firma aus Burbach (Kreis Siegen-Wittgenstein) Toiletten an 21 neuen Standorten aufstellen. Am Ende werden in Düsseldorf 43 sogenannte Modulanlagen, also frei stehende, barrierefreie Toilettenhäuschen stehen Zweitens werden 45 öffentliche Toilettenanlagen aus dem Bestand zugänglich gemacht, während die dritte Säule im sogenannten Kooperationsmodell mit ansässigen Geschäften besteht. Im Rahmen des Modells stellen Gastronomen, Apotheken oder andere Läden ihre Toiletten auch für Nichtkunden kostenlos zur Verfügung. Ein Entgelt erhalten die Betreiber im Gegenzug von der Stadt. 117 solcher Kooperationspartner gibt es in Düsseldorf. Erkennbar sind sie an einem entsprechenden Aufkleber an der Eingangstür. Insgesamt werden in Düsseldorf dann 205 öffentliche Toiletten zur Verfügung stehen.
Besonderheit: „Toilette für alle“
Eine Besonderheit aber stellen zwei der Modulanlagen aus der ersten Säule dar. Diese firmieren unter dem geschützten Begriff „Toilette für alle“. Die erste dieser Toiletten wurde nun also in Landtagsnähe eröffnet. Die zweite soll noch im Dezember folgen. Sie wird unweit der Reuterkaserne aufgebaut.
Die geschützte Bezeichnung „Toilette für alle“ verleiht die Münchener Stiftung Leben pur, die sich laut Satzung „für gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen einsetzt“. Die Stiftung definiert auch, was für Örtlichkeiten überhaupt als „Toilette für alle“ bezeichnet werden dürfen: Der Raum muss mindestens zwölf Quadratmeter groß sein, eine höhenverstellbare Liege, Decken- oder Standlifter und luftdicht verschließbare Abfallbehälter aufweisen. Stadtkämmerin Schneider befindet: „Die ‘Toilette für alle’ ist ein wichtiger Schritt in Richtung flächendeckender Inklusion.“ Außerdem sei es ein Zeichen „zeitgerechter, kommunaler Daseinsvorsorge“.
Die zwei „Toiletten für alle“ stehen dabei exklusiv Inhabern des sogenannten Euroschlüssels zur Verfügung. Durch den Euroschlüssel entfällt das Nutzungsentgelt, das bei allen anderen Modulanlagen weiterhin bei 50 Cent liegen wird. Bei einer herkömmlichen Modulanlage dauert eine „Sitzung“ fünfzehn Minuten, bei den „Toiletten für alle“ liegt die Zeit bei dreißig Minuten.
Was ist der Euroschlüssel?
Der Euroschlüssel ist tatsächlich ein Schlüssel. Mit ihm kann seit 1986 das europaweit vereinheitlichte Schließsystem behindertengerechter Anlagen bedient werden. Berechtigt sind Menschen, die einen Behinderungsgrad von mindestens 70 aufweisen. Das ist häufig bei blinden, schwer gehbehinderten oder an Morbus Crohn erkrankten Menschen der Fall. Beim Verein Club Behinderter und ihrer Freunde, Darmstadt (CBF) kann der Euroschlüssel bestellt werden.Der Schlüssel kostet momentan 26,90 Euro.Der Hintergrund ist, dass gerade Menschen mit Sehbehinderung darauf angewiesen sind, Oberflächen abzutasten – da kommt es auf die Hygiene an. Um diese zu gewährleisten, sollen entsprechende Toiletten nur wenigen Leuten zur Verfügung stehen.
52,5 Millionen Euro Kosten
Die Stadt rechnet für ihr Toilettenkonzept mit Kosten von 52,5 Millionen Euro über eine Laufzeit von 15 Jahren. Eine „Toilette für alle“ kostet über diesen Zeitraum mit allem Drum und Dran 1,16 Millionen Euro. Doch auch wenn die 15 zehn Jahre um sind, lässt sich mit den Toiletten noch etwas anfangen. Sie sind so konzipiert, dass 95 Prozent der verwendeten Materialien recycelt werden können.
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