Agri-Photovoltaik

Babberich: Die Erfahrungen mit der ersten Agri-PV-Anlage

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In Babberich läuft die erste Agri-PV-Anlage in der Region. Landwirt Piet Albers verbindet hier Stromproduktion mit Himbeer-Anbau. Florian und Naomi Heckenplaikner aus Österreich informieren sich vor Ort.

In Babberich läuft die erste Agri-PV-Anlage in der Region. Landwirt Piet Albers verbindet hier Stromproduktion mit Himbeer-Anbau. Florian und Naomi Heckenplaikner aus Österreich informieren sich vor Ort.

Foto: Foto: Judith Michaelis / Funke Foto Services / FUNKE Foto Services

Emmerich-Elten/Babberich.  Bei Himbeer-Bauer Bossmann in Babberich läuft die erste Agri-PV-Pilotanlage in der Region. Darum sind die Ergebnisse wichtig für die Branche.

Florian und Naomi Heckenplaikner hören interessiert zu. Die beiden Österreicher aus Reith im Alpbachtal informieren sich gerade bei Himbeerbauer Piet Albers und Grundstückseigentümer Heinrich Bossmann aus Babberich über die Nutzung einer Photovoltaikanlage über Himbeer-Kulturen. Was in Deutschland mit Agri-PV abgekürzt wird und nun einen Beitrag zur Klimawende leisten soll, ist kurz hinter der Grenze bei Elten schon seit 2019 im Einsatz. Einfach umzusetzen war das hier allerdings auch nicht.

Ein Solardach für die Himbeeren

Piet Albers und Heinrich Bossmann benötigten einen langen Atem, um den Anbau der ursprünglichen Waldgewächse mit der Stromproduktion sinnvoll zu verbinden. Und wie bei allen innovativen Neuheiten, mussten die Initiatoren erst noch eine Menge hinzulernen und Hürden aus dem Weg räumen. „Aber wir wussten: Wenn es bei uns mit den Himbeeren nicht funktioniert, dann nirgendwo“, sagt Heinrich Bossmann.

Das Prinzip ist scheinbar einfach: Über die bestehenden Himbeersträucher werden aufgeständerte Photovoltaikdächer angebracht, die Strom produzieren. Bossmann stellt den Grund und Boden, Albers kultiviert die Himbeerpflanzen und das Unternehmen Groenleven investiert in die teure PV-Anlage mit 10.000 Panelen, die gut 1,7 Megawatt Strom im Jahr produzieren. Wissenschaftlich begleitet wird das Pilotprojekt von der Universität Wageningen.

Wie viel Licht muss die PV-Anlage noch durchlassen?

Doch bei den Details gehen die Herausforderungen dann los: Wie viel Licht muss die PV-Anlage durchlassen, damit die Himbeeren noch vernünftig wachsen? Piet Albers erzählt, dass man im ersten Jahr mit Module gearbeitet habe, die elf Prozent des Lichts durchgelassen haben. „Ein Prozent weniger Licht, bedeutet ein Prozent weniger Ertrag“, rechnet Albers vor. Daher habe man Panele mit einer 25-prozentigen Lichtdurchlässigkeit geprüft. Aber auch das war noch nicht optimal, auch weil man das Ständerwerk für den Himbeeranbau ungünstig ausgerichtet hatte.

Ende vom Lied: Die Pilotanlage wurde vollständig abgebaut und eine neue errichtet. Nun arbeitet Piet Albers seit 2020 mit PV-Module, die anders ausgerichtet sind und 40 Prozent des Lichts durchlassen – oder anders ausgedrückt: 40 Prozent des einfallenden Lichts werden nicht für die Stromproduktion genutzt, dafür wachsen aber die Himbeeren besser.

Lange Gespräche mit dem Investor

Piet Albers und Heinrich Bossmann erzählen, dass es langwierige Gespräche waren, die man mit dem PV-Anlagen-Investor führen musste und dass man sogar kurz davor war, das Pilotprojekt scheitern zu lassen. Denn am Ende des Tages gab es finanzielle Gewinner und Verlierer. Und so musste man zu einem guten Kompromiss für alle kommen.

Albers hat errechnet, dass 2021 die Ernte der Himbeeren noch fünf Prozent geringer ausfiel als wenn man sie unter einer Folie züchtet, 2022 waren es 15 Prozent Ertragseinbußen. Die Gründe sind auch hier in den Details im Zusammenspiel von Pflanzmaterial, Licht und Wetterumständen zu suchen. So ist es unter den den Photovoltaikdächern morgens noch kälter als unter einem Folientunnel. Andererseits hat er unter den PV-Dächern weniger Probleme und Arbeit bei Wind und man benötigt 25 Prozent weniger Wasser.

Sind Solarzäune für den Ackerbau besser geeignet?

Ob eine Agri-PV-Anlage zum Erfolg wird, hängt also von den Details ab. Die Österreicher Florian und Naomi Heckenplaikner wollen sich nach dem Gespräch noch nicht entmutigen lassen, auch wenn sich ihr Betrieb in einer Tallage befindet. Piet Albers und Heinrich Bossman haben bislang gelernt, dass man eine Agri-PV-Anlage vermutlich für jede Pflanzkultur anders ausrichten muss. So müsse es auch nicht immer eine aufgeständerte Anlage sein. Es gebe mittlerweile Solarzäune, die man für den Ackerbau vermutlich viel besser einsetzen könne.

Wer Niederländisch versteht, der kann sich hier noch ein Video zum Projekt ansehen.

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