Kreis Wesel. Die alte Walsumbahn im Kreis Wesel soll reaktiviert werden - es gab zwei wirtschaftlich machbare Varianten. Doch jetzt muss neu gerechnet werden.
Ohne einen besseren Schienenverkehr kommt die Verkehrswende im Kreis Wesel nicht aus - die Erkenntnis ist da, der gute Wille auch. Die Umsetzung aber leidet unter massiven Verspätungen: Die jahrelange Vernachlässigung und der Rückbau der Schienen-Infrastruktur macht die Wiederbelebung ehemaliger Linien zu einer Herkulesaufgabe. Beispiel Walsumbahn: Wie sich jetzt erneut zeigt, werden noch Jahre ins Land ziehen, bevor sie wieder für Personenzüge nutzbar ist. Derzeit wird die Strecke vor allem zwischen Duisburg-Hamborn und Oberhausen von Güterzügen frequentiert, zudem wird die Verbindung zum Hafen Emmelsum genutzt. Jetzt hat sich der Ausschuss für Mobilität und Verkehr des Kreises mit den ernüchternden Zwischenberichten zur Perspektive für den Personennahverkehr befasst, die Ralf Dammann vom VRR präsentierte.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen gehen von Baukosten aus dem Jahr 2016 aus
Plötzlich muss die Reaktivierung der Walsumbahn komplett neu durchgerechnet werden. Die den Gutachten zugrunde gelegten Baukosten sind längst veraltet. Jüngst waren noch zwei als wirtschaftlich angenommene Varianten von ursprünglich vier im Geschäft: Variante 2 mit einem Halbstundentakt von Wesel nach Essen mit der S3. Dazu müssten Gleise neu angebunden werden, zusätzliche Weichen gebaut und die Leit- und Sicherungstechnik erneuert werden, außerdem auf der Strecke Beschleunigungen umgesetzt werden – ohne erhebliche Investitionen geht es nicht.
Variante 4, die bislang auch noch als wirtschaftlich machbar galt, sieht einen Halbstundentakt von Wesel über die alte Walsumbahn nach Oberhausen mit der S3 vor und parallel einen Halbstundentakt von Duisburg-Overbruch über Oberhausen und Duisburg Hauptbahnhof nach Moers und Xanten (SB31). Auf der Strecke der Walsumbahn müssten beide im 15-Minuten-Takt fahren. Neben den für Variante 2 notwendigen Ausgaben käme hier noch ein kostspieliges Bauwerk über den Rhein-Herne-Kanal in Oberhausen hinzu.
Nur wirtschaftliche Strecken erhalten auch Zuschüsse von Bund und Land, daher sind die Varianten zusätzlich in Streckenabschnitte unterteilt: Bei Stufe eins endet die S3 in Walsum, im zweiten Schritt wird sie bis Möllen weitergeführt, 3a sieht eine Fortführung bis Friedrichsfeld vor, 3b bis Wesel. Der RB 31 ist in allen Ausbau-Varianten auf den Laufweg bis Duisburg-Overbruch begrenzt.
Neue Kostenschätzungen sind nicht vor Herbst zu erwarten und gefährden eine Variante
Beide Varianten waren in einem ersten Gutachten als potenziell wirtschaftlich bewertet worden, doch die Betrachtung hat einen Pferdefuß: Die Einschätzung der Baukosten basiert auf dem Baukostenindex von 2016, wie es aktuell vorgeschrieben ist. Auch Laien wissen, dass der nicht mehr einzuhalten ist, inzwischen wagt daher niemand mehr, mit konkreten Zahlen zu arbeiten. Aktuell ist laut VRR eine neue Verfahrensanleitung in Arbeit, die Kostenschätzungen sollen somit realistischer werden. Vor Herbst sind aber keine Ergebnisse zu erwarten.
So heißt es wieder einmal abwarten. Fest steht schon jetzt laut Ralf Dammann (VRR): Beide Varianten werden sich ganz erheblich verteuern. „Wir erwarten, dass Variante zwei unkritisch bleibt, ob Variante vier dann noch wirtschaftlich ist, erscheint inzwischen zweifelhaft“, so seine unbefriedigende Prognose.