Gesundheit

Kreis Wesel: Kaum Thema – aber Aids ist noch da

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Noch immer infizieren sich Menschen mit HIV, die Arbeit der Aidshilfe ist dringend notwendig. Im Bild ein HIV-Test.

Noch immer infizieren sich Menschen mit HIV, die Arbeit der Aidshilfe ist dringend notwendig. Im Bild ein HIV-Test.

Foto: Klaus-Dietmar Gabbert / dpa

Kreis Wesel.  Noch immer infizieren sich im Kreis Wesel Menschen neu mit HIV, obwohl das Thema in Vergessenheit geraten ist. Die Aidshilfe braucht mehr Geld.

Aids? Kaum jemand spricht noch darüber, andere Themen bestimmen das öffentliche Interesse. Verschwunden ist HIV deshalb nicht: 3146 Menschen suchten im vergangenen Jahr Beratung bei der Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel, knapp die Hälfte von ihnen machte keine Angaben zum Wohnort, 354 nannten ihre Adresse im Kreis.

Noch immer ist das Thema mit Scham und Ausgrenzung belegt, Anonymität bietet Schutz. Im Zeichen der Personalkostensteigerung und sinkender Spendenbereitschaft stehen viele Aidshilfen vor dem finanziellen Aus. Es sind eingetragene Vereine, die für Kreise und Kommunen Pflichtaufgaben erfüllen. So wie die Aidshilfe Duisburg/Kreis Wesel, die in eine finanzielle Schieflage geraten ist.

Die Aidshilfe braucht deutlich mehr Geld, um weiter zu arbeiten

Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2025 will der Kreistag jetzt die Arbeit der Aidshilfe sichern, im Haushalt 2023 schießt er 13.000 Euro nach und gibt somit gut 96.000 Euro für diese Aufgabe aus. Im kommenden Jahr werden es 113.627 Euro sein, 2025 dann 122.856. Der Kreis Wesel und Duisburg teilen sich die Kosten im Verhältnis 40 zu 60 Prozent, auch Duisburg muss nachlegen, es gibt positive Signale dafür aus dem Rat der Stadt. Gesundheitsausschuss und Kreisausschuss Wesel haben dem bereits zugestimmt, einstimmig.

CDU-Fraktionschef Frank Berger und sein Kollege Hubert Kück von den Grünen erläuterten jetzt in einem Pressegespräch, warum sie das Geld für gut angelegt halten. „Es ist fahrlässig, wenn notwendige Gelder nicht zur Verfügung gestellt werden“, so Kück. In Solingen und Leverkusen seien die Aidshilfen kaputtgespart worden – mit dem Ergebnis, dass die Stadtverwaltungen nun diese Aufgaben selbst übernehmen müssen. Die beiden Kreispolitiker haben sich vor Ort bei Marie Schellwat und Werner Garbe vom Vereinsvorstand schlau gemacht.

Spenden sind stark eingebrochen, die Rücklagen sind verzehrt

„Vor Corona konnte der Verein fest mit rund 16.000 Euro Spenden rechnen, zudem gab es 7000 Euro aus Bußgeldern jährlich“, erläutert Kück. Aktuell erhalte der Verein 6000 Euro an Spenden und 3000 an Bußgeldern. „Vor Jahren gab es eine Großspende von 70.000 Euro, das Geld ist jetzt verbraucht.“ Könnte nicht der Kreis diese Aufgaben selbst übernehmen, er berät ja auch in Wesel und Moers?

Die Aidshilfe arbeitet seit beinahe 40 Jahren, erläutert Frank Berger, sie ist in Schulen unterwegs, das Fachpersonal hat Erfahrung und sichere vernetzte Strukturen, zudem engagierten sich viele Ehrenamtliche. Der Kreis müsste, um diese Pflichtaufgabe komplett allein zu übernehmen, alles neu aufbauen, qualifizierte Mitarbeitende finden, das Rad quasi neu erfinden. Zudem wende sich niemand gern mit diesem Problem an ein Amt.

Schutz durch die Anonymität – Kreis Weseler bevorzugen die Großstadt

Allerdings war es die Kooperation, seinerzeit aus CDU, Grünen und FDP/VWG im Kreistag, die die Beratungsstelle der Aidshilfe in Wesel 2016 einsparte. Auch rückblickend stehen Kück und Berger noch dazu, das Büro sei kaum frequentiert worden. Offenbar fahren Menschen lieber nach Duisburg, um Hilfe zu suchen. „Hier im Kreis Wesel kennt man sich. In Duisburg ist es anonymer“, so Kück.

Bei Beratung allein bleibt es bei der Aidshilfe nicht: Es geht um Vorbeugung – die Mitarbeitenden gehen in die Schulen, klären Kinder und Jugendliche darüber auf, wie sie sich schützen können. Außerschulisch gibt es Projekte und Veranstaltungen – all das hat in der Pandemie brach gelegen, wie eine Vorlage der Verwaltung für den Gesundheitsausschuss dokumentiert. Neben der Vorbeugung steht die Betreuung HIV-Infizierter (673 im vergangenen Jahr) und die Begleitung der an Aids erkrankten Menschen, es waren 16 Betroffene. Bei 2176 Menschen, übrigens vorwiegend Männern, die die Beratungsstelle aufsuchten, war der HIV-Status unbekannt.

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