Gesundheit

Kreis Wesel: Mensch und Tier jetzt vor Zecken schützen

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Klein, durstig und mitunter lebensgefährlich: Zecken übertragen schwere Krankheiten. Die Saison hat begonnen.

Klein, durstig und mitunter lebensgefährlich: Zecken übertragen schwere Krankheiten. Die Saison hat begonnen.

Foto: Patrick Pleul / dpa

Kreis Wesel.  Neue Zecken wie die tropische Hyalomma sorgen für Aufruhr, doch auch heimische Arten sind gefährlich. Es ist Zeit, Mensch und Tier zu schützen.

Ein relativ warmer Winter, davor ein heißer Sommer: 2023 wird ein Zeckenjahr, prophezeit unter anderem der Bund deutscher Tierfreunde, der die Tierherberge in Kamp-Lintfort betreibt. Hinzu kommt, dass durch den Klimawandel in den vergangenen Jahren neue Arten der Blutsauger ihren Weg nach Deutschland gefunden haben, die bis zu zwei Zentimeter große Hyalomma etwa, die nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks besonders gern Pferde befällt, aber in nur wenigen Exemplaren nachgewiesen ist. Andere heimische Arten haben sich vermehrt, wie die Auwald-Zecke, die für Hunde lebensgefährlich ist. Sie kann Babesiose übertragen. Und anders als der Gemeine Holzbock, die häufigste der heimischen Zecken, ist die Auwald-Zecke auch winteraktiv.

Gibt es diese Tiere schon im Kreis Wesel? Klaus Kretschmer, Insektenfachmann der Biologischen Station im Kreis Wesel, geht zumindest im Fall der Auwaldzecke davon aus. Er schränkt ein, dass die Station nicht zu dem Thema forscht, aber: „Vermutlich wird etwa eine von 100 Zecken ein Exemplar sein“, sagt er. Im Fall der Hyalomma glaube er das erst, wenn er sie sehe. Ohnehin: Grund zur Aufregung sieht Kretschmer nicht, „die anderen Zecken sind genauso gefährlich“.

Diese Ansicht teilt das Robert-Koch-Institut (RKI), die in Deutschland üblichen Zecken seien eine Gefahr für die Gesundheit, sie können FSME und Borreliose übertragen. Aber das RKI sagt auch: „Es ist zu erwarten, dass sich sowohl die Zeckenfauna als auch die durch Zecken übertragenen Erkrankungen im Rahmen des Klimawandels verändern.“

Ob die Hyalomma langfristig in Deutschland überleben kann, darüber forscht das RKI noch. In ihrer Heimat Afrika, Südostasien und Südeuropa überträgt sie verschiedene Fieberkrankheiten – das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber beispielsweise. Zudem kann sie laut Universität Hohenheim, die über Zecken forscht, Rickettsien übertragen, die das Zecken-Fleckfieber auslösen. Dieser Erreger sei als einziger in den nach Deutschland eingewanderten Zecken nachgewiesen worden. Man nimmt an, dass die Tiere mit Zugvögeln eingeschleppt werden.

Borreliose rechtzeitig erkannt, ist gut zu heilen

Es gilt also, Mensch und Tier zu schützen, egal ob vor einheimischen oder zugewanderten gefährlichen Spinnentieren. Seit etwa zwei Wochen seien Zecken wieder Thema in der Region, sagt Dr. Georg Stefanowski, Kinderarzt in Wesel. Eltern kommen zu ihm, um die Tiere entfernen zu lassen, weil sie es sich selbst nicht zutrauten. Das sei in Ordnung, obwohl man Zecken auch selbst leicht entfernen könne. „Der Zeckenbiss selbst ist nicht das Problem“, sagt er. Und die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, gebe es bei uns in der Region kaum. Sie tritt eher in Süddeutschland auf, es gibt aber die Möglichkeit, sich dagegen impfen zu lassen.

Anders die Borreliose. „Zehn Prozent der hiesigen Zecken tragen sie in sich. Wer von einer davon gebissen wird, wird davon aber nicht automatisch krank.“ Wichtig sei es, die Zecke früh und vollständig zu entfernen, die Beißwerkzeuge sollten nicht in der Haut bleiben, rät der Kinderarzt. Ein Zeckenbiss allein mache keinen Arztbesuch erforderlich, lediglich wenn die Zecke nicht ganz entfernt wurde. Man solle aber die Stelle gut zwei Wochen im Auge behalten. „Wenn sich eine Rötung ohne Symptome zeigt, die also nicht schmerzt oder juckt, dann sollten Sie zum Arzt gehen.“

Rote Flecken sind Symptom der Borreliose – gern auch am Ohr

Bei Borreliose wird diese „Wanderröte“ immer größer. „Manchmal bekommt man nichts von einem Zeckenbiss mit, weil man das Tier beispielsweise unbemerkt weggekratzt hat“, so Stefanowski. Ein wachsender roter Fleck sollte daher immer einem Arzt vorgestellt werden. „Es kommt auch vor, dass jemand erst ein rotes Ohrläppchen und dann ein rotes Ohr bekommt.“

Zecken suchten sich gern eine Stelle hinter dem Ohr. Mit Antibiotika behandelt, sei die Chance groß, dass die Infektion folgenlos bleibt. Wer Borreliose-Symptome ignoriert, riskiert als Folge die Entzündung von Hirnhaut, Gelenken und Herzmuskel.

Henriette te Neues aus der Adler-Apotheke in Moers hat häufig mit dem Zeckenthema zu tun. Es gibt verschiedene Abwehrmittel, meist fragen die Menschen, wenn sie auf Reisen gehen. Sie rät zu bedeckender Kleidung und: „Kontrollieren Sie abends Ihren Körper und den der Kinder. Zecken können überall sein.“ Auch sei es sinnvoll, eine Zeckenzange parat zu haben und vor dem Urlaub im Internet zu schauen, ob der Zielort in einer Zeckenzone liegt. Süddeutschland beispielsweise gilt als Risikogebiet.

Fachliche Beratung ist wichtig – nicht jeder Mensch verträgt jedes Mittel

Und: „Bitte nicht irgendetwas bestellen, nicht jeder Mensch verträgt jedes Mittel.“ Kinder und Schwangere beispielsweise sollten die stärkeren, chemischen Präparate nicht bekommen. Auch reagierten manche Menschen allergisch. Eine Beratung, welches Medikament sich eignet, sei sinnvoll, viele Angebote im Internet seien ungeeignet für das gewählte Reiseziel. „Zudem muss man darauf achten, wie lange der Schutz hält, manches nur drei Stunden, manches bis zu acht.“

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