Kreis Wesel. Wann kann das Veterinäramt des Kreises Wesel jemandem den Hund entziehen? Das kommt vor. Wer ein Tier aus dem Ausland hat, muss Regeln beachten.
Tierliebe, Unwissenheit, nicht selten auch gezielte Geschäftemacherei: Wer Hunde aus dem Ausland adoptiert, sollte aufmerksam sein. Und mal eben von Verwandten im osteuropäischen Raum oder der Türkei einen Hund mit nach Hause nehmen, das geht so einfach nicht, sagt Dr. Antonius Dicke, Chef des Veterinäramtes Kreis Wesel. Hier drohen böse Überraschungen. Grund dafür ist der Schutz vor der Tollwut, die in Deutschland als überwunden gilt, in anderen Ländern aber nicht.
Schutz vor Tollwut hat Priorität
In der EU gilt der freie Warenverkehr, es gibt in der Regel keine Grenzkontrollen mehr. Das, erläutert Dicke, führe auch dazu, dass Hunde über die Grenze kommen. „Das Bedürfnis, die Tiere vor allem aus östlichen Ländern zu retten oder mit ihnen Geld zu verdienen, ist gestiegen.“ Mit den Vierbeinern könnte auch die Tollwut importiert werden, so die Gefahr. Hunde, die innerhalb von Europa reisen, müssen deshalb gechippt sein, die Halter einen europäischen Heimtierausweis mit den aktuellen Impfnachweisen vorzeigen können.
Immer wieder bekommt das Veterinäramt im Kreis Wesel Hinweise auf Verstöße: Welpen, die aus dem Kofferraum heraus verkauft werden, beispielsweise, sind ein Thema. Wer so etwas bemerkt, sollte die Polizei rufen. Im Zweifel kann das Veterinäramt die Tiere einziehen, in einem Tierheim unter Quarantäne setzen, impfen, mit den nötigen Papieren ausstatten und erst danach wieder zurück geben. Gerade bei Welpen sei das wegen der Prägephase aber problematisch. Man versuche, im Einzelfall Lösungen zu finden, beispielsweise durch eine Quarantäne in den eigenen vier Wänden.
In Härtefällen individuelle Lösungen suchen und finden
Ein großes, stark emotional besetztes Thema waren die Geflüchteten aus der Ukraine und ihre Tiere. Auch in der Ukraine gibt es noch Tollwut unter Wildtieren. „Nach Einschätzung des Friedrich-Löffler-Instituts war das Risiko durch die Hunde, die in Städten gelebt haben, aber gering. Wir wollten sie den Menschen nicht einfach wegnehmen, haben oft andere Lösungen als die Quarantäne im Tierheim gefunden“, sagt Dicke.
Neben den drei ungeimpften Hunden, die das Veterinäramt Xantener Obdachlosen aus der Slowakei abgenommen hat, gab es im vergangenen Jahr neun weitere Hunde im Kreis Wesel, die das Amt in Quarantäne schickte. Für die Kosten müssen die Halterinnen und Halter aufkommen, im Xantener Fall waren die nicht mehr auffindbar.
Wie können Tierfreunde sich vor betrügerischen Tierhändlern schützen? „Kaufen Sie keine Hunde im Netz“, rät Dr. Dicke. „Nehmen Sie immer jemanden zum Kauf mit, schauen sich die Haltung an, lassen sich das Muttertier zeigen – und überlegen Sie, ob es tatsächlich zu diesem Welpen gehören kann. Lassen Sie sich die Papiere der verkaufenden Person zeigen, schreiben Sie sich die Daten auf.“ Immer wieder melden sich Menschen beim Veterinäramt, die betrogen wurden – das aber kann nicht helfen. Fällt allerdings jemand auf, der Papiere gefälscht hat, wird es richtig teuer. Der Heimtierausweis ist vergleichsweise schwierig zu kopieren. Eine Frau mit drei Dackeln ist im vergangenen Jahr damit aufgeflogen – machte drei mal 7500 Euro.
Der Versuch, das Amputations- und Ausstellungsverbot zu umgehen
Da wäre noch das Verbot der Amputation im deutschen Tierschutzgesetz und das Qualzuchtverbot, das ausländische Importeure gern zu umgehen versuchen: In Deutschland dürfen Ruten und Ohren bei Dobermann & Co nicht mehr kupiert werden. Besonders in baltischen Staaten, so Dr. Antonius Dicke, werden aber kupierte Hunde angeboten und über die Benelux-Länder nach Deutschland verkauft – nebst tierärztlichem Gutachten, dass der Eingriff medizinisch erforderlich war. „Dann ist das Tier in der Regel als Welpe schlimm verbissen worden. Das akzeptieren wir nicht.“
Zwar ist es nicht verboten, solche Hunde zu halten, ausstellen darf man sie seit dem vergangenen Jahr aber nicht mehr – ebenso wie röchelnde, tränende Vierbeiner mit kaputten Gelenken und bestimmte Rassen.
Tierquälerei beim Veterinäramt Kreis Wesel melden
Rund 350 Mal im Jahr wird das Veterinäramt wegen des „Verdachts auf Tierwohlgefährdung“ alarmiert – Menschen zeigen schlechte Haltung an.
Das Amt kümmere sich dann, die meisten dieser Hinweise seien begründet. Hin und wieder aber sind sich lediglich die Nachbarn nicht grün oder eine Scheidung läuft aus dem Ruder.
Wichtig: Die Melder sollten dem Amt gegenüber nicht anonym sein, „wir brauchen später auch Zeugen vor Gericht“.
Tierquälerei führt mitunter dazu, dass das Veterinäramt ein Tierhaltungs- und -betreuungsverbot ausspricht. Letztlich landen die Auseinandersetzungen in der Regel vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.
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