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Zukunftssicher oder nicht? Studie untersucht den Kreis Wesel

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Wohin steuert der Kreis Wesel in der Zukunft?

Wohin steuert der Kreis Wesel in der Zukunft?

Foto: Hans Blossey / www.blossey.eu / FUNKE Foto Services

Kreis Wesel.  Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich mit Kreisen und Städten in Deutschland und ihrer Zukunft beschäftigt. Wie der Kreis Wesel aufgestellt ist.

Der Kreis Wesel gehört zum absoluten Durchschnitt in Deutschland. Nicht zum ersten Mal kommt eine Studie, die sich mit aktuellen Herausforderungen und der Zukunftsfähigkeit von Regionen beschäftigt, zu diesem Ergebnis. Nachdem der Kreis im vergangenen Jahr beim Zukunftsatlas der Wirtschaftsforscher von Prognos auf Platz 256 von bundesweit allen 400 kreisfreien Städten und Kreisen landete, kommt die Friedrich-Ebert-Stiftung in ihrer kürzlich veröffentlichten Untersuchung „Ungleiches Deutschland“ zu einem ganz ähnlichen Ergebnis.

Zwar wird in der Studie kein Ranking erstellt, aber der Kreis wird in die Kategorie „Deutschlands solide Mitte“ einsortiert. Die Autoren haben das Land dabei in insgesamt vier Bereiche eingeteilt – neben der soliden Mitte sind das „Dynamische Städte mit erhöhter Exklusionsgefahr“ (dazu gehören etwa Köln oder Münster), „Wohlhabendes Umland“ (zum Beispiel der Kreis Coesfeld), „Strukturschwache Räume mit Aufholerfolgen (weite Teile Ostdeutschlands) sowie „Altindustriell geprägte Städte mit strukturellen Herausforderungen“ (Duisburg, Oberhausen und viele andere Ruhrgebietsstädte).

Studie zeigt: Der Kreis Wesel bildet die Mehrheit in Deutschland ab

Der Kreis Wesel ist laut den Studienergebnisse damit in einem Umfeld angesiedelt, in dem sich die Mehrheit der Kreise in Deutschland befinden. Demnach leben mittlerweile 39,6 Millionen Menschen (47,5 Prozent der Gesamtbevölkerung) in Räumen, die der „soliden Mitte“ zugeordnet werden. Dieser Raumtyp besteht aus insgesamt 223 Kreisen in ganz Deutschland, auch im Osten, und ist laut der Untersuchung gekennzeichnet durch eine niedrige Armutsbelastung, eine insgesamt stabile sozioökonomische Lage und einen deutlichen Bevölkerungszuwachs, sowie eine hohe Lebenserwartung und einen überdurchschnittlichen Breitbandausbau.

Untersucht wurden für die Studie verschiedene Parameter – von der Kinderarmut über das Bruttogehalt und die durchschnittliche Lebenserwartung bis hin zur Wahlbeteiligung, allesamt bezogen auf den Zeitraum zwischen 2019 und 2022. Die unmittelbaren Folgen der Corona-Pandemie sollten also erfasst worden sein. Wo steht der Kreis Wesel da konkret und im Vergleich mit dem bundesweiten Durchschnitt?

So sind hier beispielsweise 2,59 Prozent der Menschen von Altersarmut betroffen, dazu gezählt werden Rentnerinnen und Rentner, die die Grundsicherung erhalten. Deutschlandweit liegt der Mittelwert bei 2,62 Prozent. Beim Anteil der Beschäftigten mit Hochschulabschluss hängt der Kreis (12,28 Prozent) hingegen etwas hinter dem Bundesschnitt (15,05 Prozent) zurück. Der Medianwert der Bruttomonatsgehälter erreicht wiederum mit 3653 Euro pro Person einen höheren Wert als den Bundesvergleich von 3449 Euro.

Die Verschuldung der Kommunen im Kreis Wesel ist überdurchschnittlich

Wirklich deutlich abweichend steht der Kreis beziehungsweise stehen seine Städte und Gemeinden bei der kommunalen Verschuldung dar – und zwar auf der negativen Seite. Denn während deutschlandweit jeder Einwohner oder jede Einwohnerin auf den Schuldenstand der eigenen Stadt oder Gemeinde gerechnet auf ein Defizit von 1542 Euro kommt, sind es im Kreis Wesel satte 2529 Euro.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat nicht nur den Status quo untersucht, sondern auch die Zukunftsfähigkeit der einzelnen Regionen. Und hier kommt der Kreis nicht uneingeschränkt gut weg. Denn er wird weder zu den „räumlichen Innovationspolen“ noch zu den „resilienten ländlichen Räumen“ gezählt, denen die Studie „insgesamt sehr hohe Zukunftspotenziale und eine große Krisensicherheit“ zuschreibt. Stattdessen wird der Kreis Wesel als ländliche „Region mit partiellen Anpassungshemmnissen“ eingeordnet – das gilt allerdings für viele Kreise im Westen und Norden von Deutschland. Dort halten die Autoren politisches Gegensteuern für notwendig, um auch in Zukunft wirtschaftlich und sozial gut aufgestellt zu sein.

Laut der Studie handelt es sich dabei eben vor allem um Räume, die derzeit zur „soliden Mitte“ gehören. Die Situation ist also keinesfalls besorgniserregend. Allerdings: Die Kommunen in dieser Kategorie seien finanziell oft nicht gut genug aufgestellt, um wichtige Investitionen für die Zukunft zu schultern. Zudem kämpfen diese Regionen besonders damit, dass sie nicht attraktiv genug sind für ausländische Fachkräfte. Hinzu kommen eine Überalterung der Gesellschaft (der Kreis Wesel gehört zu den ältesten in Nordrhein-Westfalen) und ein Engpass bei Fachkräften. So steht der Kreis zum Beispiel bei der Sachinvestition der Kommunen deutlich hinter dem deutschlandweiten Schnitt zurück – pro Einwohner wurden hier in den vergangenen Jahren 353 Euro investiert, bundesweit waren es 471 Euro. Auch der Anteil ausländischer Beschäftigter war im Kreis niedriger.

Hintergrund: Das ist die Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ist die älteste sogenannte parteinahe Stiftung in Deutschland und steht der SPD nahe. Sie ist laut dem Bundesverband Deutscher Stiftungen mit 190,3 Millionen Euro Gesamtausgaben im Jahre 2019 die zweitstärkste aller deutschen politischen Stiftungen gewesen. Wie die meisten anderen politischen Stiftungen ist die FES rein rechtlich und auch wirtschaftlich keine Stiftung, sondern ein eingetragener Verein. Ihr Sitz ist Bonn, in Berlin unterhält sie eine Außenstelle. Die gesamte Studie mit einer interaktiven Karte ist hier abrufbar: www.fes.de/ungleiches-deutschland

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