
In solch einer Situation, als Schüler gerade in den Bus einsteigen wollten, platzte im Mai 2022 der Reifen eines Busses in Hamminkeln.
Foto: (Symbolbild) Jürgen Theobald / FFS
Hamminkeln. Vier Schulkinder wurden 2022 verletzt, als ein Reifen direkt neben den Mädchen und Jungen platzte. Busfahrer und Fuhrparkleiter wurden angeklagt.
Wäre der Schulbusunfall in Hamminkeln vorhersehbar und damit vermeidbar gewesen? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Dienstag das Weseler Amtsgericht. Am 6. Mai 2022 wurden vier Mädchen und Jungen verletzt, als es an der Bushaltestelle der Hamminkelner Gesamtschule kurz nach Schulschluss zu dem Unglück kam, für das sich jetzt der 71-jährige Busfahrer und der 26-jährige Fuhrparkleiter des Busunternehmens wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten mussten.
Mehrere Meter am Bordstein vorbeigeschrammt
Gegen 13.30 Uhr war der Bus an jenem Unglücks-Freitag an dem noch recht neuen Bussteig angekommen und mehrere Meter mit dem hinteren rechten Reifen an dem noch recht eckigen Bordstein vorbeigeschrammt. Nachdem der Bus zum Stehen gekommen war und der Busfahrer gerade die Türen öffnete, muss es einen enormen Knall gegeben haben, denn da platzte der Reifen. Unmittelbar daneben drängelten sich in diesem Moment jede Menge Kinder, die in den Bus nach Brünen einsteigen wollten. Drei von ihnen bemerkten sofort Verletzungen (unter anderem Knalltrauma und Schürfwunden) – ein weiteres Kind, das zunächst als unverletzt galt, bemerkte später ebenfalls Verletzungen unter seiner Jeans.
Laut Anklage habe sich der Reifen in einem „schlechten Zustand“ befunden – dies hätte dem Fahrer vor seinem Fahrtantritt auffallen müssen. Und auch der Fuhrparkleiter hätte den „erkennbar verschlissenen Reifen“ austauschen müssen, ehe der Bus zum Einsatz kommt, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Irritationen um ein Sachverständigen-Gutachten
Ein Gutachten kam zu dem Schluss, dass für den Stadtverkehr dieser Reifentyp „ungeeignet“ sei. Beide Verteidiger bezweifelten diese Aussage mit dem Hinweis, dass es sich bei den Schulbusfahrten in Wesel und Umgebung nicht um klassische Stadt-Fahrten wie in Köln, München oder Berlin handele, sondern eher um Über-Land-Fahrten. Zudem verwiesen beide Rechtsanwälte sowie der Fuhrparkleiter darauf, dass dieser Reifen sehr wohl zugelassen sei. Der Gutachter hatte seitlich verstärkte Reifen empfohlen, die für solche Fahrten (bei denen Busse häufig mit Bordsteinen in Kontakt kommen) besser gewesen wären.
Zum Wohle der Sicherheit der Kinder
„Die Sicherheit der Kinder geht natürlich vor“, erklärte die Richterin und bemerkte, dass Deutschland allerdings schon weit vorne liege bei den Kontrollen. So werden auch die Busse des betroffenen Unternehmens alle drei Monate einer Prüfung der Dekra unterzogen – erst rund zwei Wochen vor dem Reifenplatzer war der Unglücksbus überprüft worden. Dabei wurden keine Mängel festgestellt.
Dieser Prüfbericht war wohl einer der Gründe, weshalb sich Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidiger und die nicht vorbestraften Angeklagten auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von Geldbußen einigten. Der Busfahrer muss in den kommenden fünf Monaten 1000 Euro an die Kreisverkehrswacht Wesel zahlen, der Fuhrparkleiter wird mit 2000 Euro zur Kasse gebeten.
Übrigens: Das Busunternehmen hat mittlerweile die seitlich verstärkten Reifen im Einsatz. Damit hat sich die Sicherheit für die Schulkinder also noch weiter erhöht.