Essen. Der Autor unseres Sohnes entdeckt plötzlich Werbebotschaften für sich. Ein schwieriges, aber auch lustiges Gebiet.
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit Anfang 20 Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.
Ich bin kein begnadeter Autofahrer, aber erschwerend kommt hinzu, dass ich im Straßenverkehr allzu häufig in Werbeplakat-Analyse versinke. Gewährleistet wird die Verkehrssicherheit glücklicherweise durch meine Frau, die mir nicht selten eine Rüge erteilt, wenn sich mein Blick wieder auf den nächsten Softdrink-Slogan richtet.
Zu ihrem Unglück – und zu jenem aller Menschen, die sich die Straße teilen werden, wenn auch noch mein Sohn seinen Führerschein macht – teilt Devin mittlerweile die Leidenschaft seines Vaters, Werbebotschaften zu besprechen. Und er ist kein Fan von Selbstlobhudelei. „Rewe ist ja noch okay mit ,Rewe - dein Markt’ – aber ,Lidl lohnt sich’ ist ja voll übertrieben!“, urteilte der Achtjährige.
Nun, eigentlich bin ich froh, dass Kindser heutzutage nicht mehr ganz so ungeschützt mit Werbung zugeschüttet werden. Bald kommt voraussichtlich das Verbot für Süßkram-Werbung im Kinderprogramm. Und alleine, dass die Lieblingsserien heute über werbefreie Streamingdienste geschaut werden, befreit Eltern von der Angst, dass die Kinder vor der nächsten „Pokémon“-Folge eingeflüstert bekommen, dass sie durch überzuckerte Fruchtjoghurt-Drinks stark und kräftig genug werden, um die böse Hexe aus der Nachbarschaft zu vertreiben – ein typischer Werbeclip um die Jahrtausendwende. Und der Grundstein für mein heutiges Gefährderdasein im Straßenverkehr.
Witzig wäre da dennoch, wenn ich (selbstverständlich von markt-und gesellschaftskritischer Live-Kommentierung begleitet) meinem Sohn einige Werbe-Clips aus dem Kinder- und auch Erwachsenenprogramm der 2000er zeigen würde, dachte ich mir.
Also vergnügten wir uns mit Zusammenschnitten auf Youtube – und hingen uns besonders daran auf, wie dreist Billig-Fleisch mit Tiergesichtern von smarten Fuchs-Maskottchen vermarktet wurde. Ein Stück aufklärerische Erziehung getan? Na ja. „Müller Milch verleiht Abwehrkräfte“, hielt mein Sohn abschließend fest. Schluss mit der Werbepause!
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