Düsseldorf. Auf dem alten Werksgelände der Gerresheimer Glashütte ist der „Düsselpark“ geplant. Ungewöhnliches Engagement ahaben die Bürger dabei eingebracht. Das gekrönte „G“ soll bleiben.
Am Ende kann niemand mehr helfen: Der amerikanische Multi Owens-Illinois (O-I) hat die Glashütte sterben lassen. In der einst größten Hohlglasfabrik der Welt, die den Namen Gerresheims um den Erdball trug, gehen im August 2005 die Lichter aus. Gestandene Männer kommen mit rot geweinten Augen aus der letzten Schicht. Der Schlosser Pino Di Lorenzo ist einer von ihnen. Er muss die Maschine, die er viele Jahre gewartet hat, jetzt selbst demontieren. Die Menschen haben ihre Existenz verloren, der Stadtteil seine Identität.
Während 230 Hüttenarbeiter Arbeit suchen und ihr Leben neu ordnen müssen, wird auf der riesigen, 40 Fußballfelder großen Fläche die Zukunft geplant. Nun ein kleiner Teil ist im Besitz der Stadt, der größte gehört nach wie vor O-I und soll vermarktet werden. Ein attraktiver Stadtraum zwischen Heyestraße und Bahngleisen – das ist die Zukunftsvision.
„Etwas zurückgeben“
Sechs Jahre sind seitdem vergangen. „Wir haben hier ein Werk geschlossen. Deshalb wollen wir den Bürgern auch etwas zurückgeben“, hatte Joachim Herzig, Geschäftsführer von BSN Glasspack und Controller für Europa bei O-I, im NRZ-Interview versprochen. Geschehen ist bisher nichts.
Ein Zustand, den die SPD-Ratsfrau Helga Leibauer kritisiert. „Wir erwarten von der Stadt, dass sie dort Tempo macht“, sagt sie und bedauert, dass O-I nicht bereit war, die Werkshallen für eine Zwischennutzung stehen zu lassen. Start-up-Firmen, Skater und junge Künstler hätten eine Chance gehabt. Leibauer: „Wir ahnten ja, dass es lange dauern würde.“
Ungewöhnlich engagiert haben die Gerresheimer Bürger alle Planungsschritte begleitet. Sie erreichten, dass historisch Bedeutsames unter Denkmalschutz gestellt wurde: Elektrozentrale, Kesselhaus und der herausragende Werkswasserturm mit dem gekrönten „G“ für Gerrix-Glas sollen künftigen Generationen zeigen, dass hier 140 Jahre lang Glas produziert wurde.
Auch im Werkstattverfahren der sechs beteiligten Architekten-Teams gaben die Bürger wichtige Anregungen, die notiert und umgesetzt wurden.
Die Ziele sind klar: Zukunftsweisende Arbeitsplätze sollen den Wirtschaftsstandort stärken. Um die Abwanderung ins Umland zu stoppen, werden neue Wohnformen für Bewohner der mittleren Altersgruppe entwickelt, Reihenhäuser, Stadtvillen, Wohnungen für Senioren, Singles und Gemeinschaften. Ein Drittel der Fläche wird grüner Erholungsraum. Der Name ist schon gefunden: „Düssel-Park“ soll er heißen. Denn mittendrin liegt die unterirdische Düssel, die wieder ans Tageslicht geholt wird.
Intelligente Lösung
Im Juni 2008 wurde der Wettbewerb entschieden. Das Architektenteam Professor Christa Reicher und Joachim Haase (Aachen) hat zusammen mit der Landschaftsplanerin Hannelore Kossel (Berlin) das Rennen gewonnen. Nun ist der Rahmen gesteckt, der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Entstehen soll ein neues lebendiges Viertel für 1000 Bewohner mit 80 000 gewerblichen Quadratmetern. Die Gewerbebauten liegen am Rand, das aufgelockerte Wohngebiet dazwischen. „Besser kann man es nicht machen“, lobt Professor Karl-Heinz Petzinka als Sprecher der Jury die intelligente Lösung der Preisträger.
Sinn für Geschichte zeigt Hannelore Kossel: Sie greift das Blau der Glashütte auf, um Teile des Bodens mit blau blühenden Pflanzen zu bedecken. Blauglockenbäume (Paulownia) sollen Erkennungszeichen in allen Alleen sein.
Stillstand dauert an
Aber zurzeit ist Stillstand auf dem Areal. Die Gerresheimer werden zunehmend ungeduldig. Vereine mahnen, weil die ungesicherten Denkmäler zerfallen. Helga Leibauer findet, dass der Wohnungsbau zumindest an der Heyestraße, die in diesem Teil beruhigt wird, beginnen könnte.
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