Düsseldorf. Wegen eines falschen Richterausweises wurde ein notorischer Hochstapler in Düsseldorf erneut verurteilt, in einer anderen Sache freigesprochen.
Zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, sitzt der 33-Jährige auf der Anklagebank im Düsseldorfer Amtsgericht. Er wirkt entspannt, als ginge es gar nicht um ihn, als hätte er sich nichts zu Schulden kommen lassen. Oder aber als hätte er durch die vielen Strafverfahren zuvor bereits eine Art Routine entwickelt. Hausfriedensbruch, Diebstahl, Urkundenfälschung und mehrere Fälle von Betrug verliest die Richterin während der Verhandlung.
Als Staatsanwalt „Tassilo von Hirsch“, als Arzt oder Pilot hat der Angeklagte bereits mehrmals sein Umfeld angelogen und um Geld betrogen. Sogar eine Haftstrafe von fast vier Jahren hat er bereits verbüßt. Doch er kann es nicht lassen: Als „Robert Frederick Lindner“ soll er sich nun eine neue Identität ausgedacht und im Internet unter diesem Namen einen Richterausweis besorgt haben. Zusätzlich soll er einen 64-jährigen Mann um über 120.000 Euro betrogen haben. „Mein Mandant gesteht vollumfänglich ein, den Richterausweis erworben zu haben“, gesteht der Verteidiger im Namen des Angeklagten, meint aber aber auch: „Alles andere war strafrechtlich gesehen kein Betrug.“ Dies begründet er durch die Zeugenaussage des 64-Jährigen, denn: Er habe dem Angeklagten wiederholt Geld überwiesen, in dem Wissen, dass dieser ihm bereits welches schuldete, das er seit Jahren nicht zurückgezahlt habe.
Zeuge wollte Angeklagten helfen, nach der Haft „auf die Füße zu kommen“
Geld, das der Angeklagte, laut eigener Aussage für teure Autos, Frauen und Partys ausgegeben hat. Ob der Zeuge gewusst hätte wofür er es ausgegeben habe, will die Richterin wissen. „Das habe ich nie genau erfragt. Anfangs hat er gesagt, dass er das Geld für die Einrichtung eines Büros brauche. Aber wir stimmten auch ab, dass er es für seinen Alltag nutzen konnte. Ich wollte ihm helfen nach dem Gefängnis wieder auf die Füße zu kommen“, lautet die Zeugenaussage des 64-Jährigen, ein freiberuflicher Diplomingenieur.
Manchmal sogar mehrmals in der Woche überwies er dem Angeklagten – den er nur flüchtig über dessen Vater kannte - tausende Euros. Eine bestimmte Summe wurde nie festgelegt: „Wenn er was brauchte, dann hat er mir kurz geschrieben oder mich angerufen. Vielleicht war das alles sehr blauäugig, aber ich wollte ihm einfach nur helfen. Er hat mir immer versichert, dass ich das Geld wiederbekomme. Darauf habe ich immer gehofft.“
Unterschrift des Darlehensvertrages war gefälscht
Es habe sogar einen Darlehensvertrag gegeben, das Problem: Der Angeklagte behauptet, dass der 64-jährige Diplomingenieur seine Unterschrift darauf gefälscht und nachträglicher Weise hinzugefügt habe. Konfrontiert mit der Beschuldigung und auch auf Hinweis der Richterin, dass der Zeuge sich im Zeugenstand nicht selbst belasten müsse, sagt dieser: „Ich möchte nichts verbergen. Ich gebe zu, die Unterschrift gefälscht zu haben. Das war vielleicht nicht richtig, aber in zahlreichen Mails haben wir es genau so abgemacht, wie es hinterher unterschrieben war.“
Auf die Frage der Richterin, warum er dem Angeklagten denn, mit dem Wissen, dass er ihm bereits Geld schuldete und obwohl er auch seine Vorstrafen kannte, weitere Summen Geld überwies – die letzte erst vor ein paar Wochen in Höhe von 35.000 Euro – sagt der Diplomingenieur: „Ich hatte ja schon viel in ihn investiert. Das hat den Kohl jetzt auch nicht mehr fett gemacht.“ Er habe gedacht, dass „ein Mensch doch nicht so schlecht sein kann. Er hat ja mitbekommen wie das alles meine Ehe fast kaputt gemacht und mich in den Ruin getrieben hat.“ Wieder betont er gehofft zu haben, sein Geld doch noch zurückzubekommen. „Aber das ist ja wie mit einer Losbude: Wenn ich ein Los kaufe, dann kenne ich das Risiko und weiß, dass ich auch eine Niete ziehen kann. Oder sind Sie davon ausgegangen auf jeden Fall den Hauptpreis, in dem Fall ihr Geld, zu bekommen?“, fragt die Vorsitzende Richterin. Der Zeuge betont erneut: „Ich habe mich eben an die Hoffnung geklammert.“
Verteidiger: Zeuge ist Risiko bewusst eingegangen
Laut Verteidiger sei der Zeuge das Risiko immer wieder bewusst eingegangen: „Jeder normal tickende Mensch hätte das doch nicht mehr überrascht, wenn er schon mehrfach von jemandem derart enttäuscht wurde.“ Eine Freiheitsstrafe von knapp zwei Jahren, wie die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer wegen eines „besonders schweren Falls von Betrug“ fordert, halte er deshalb für nicht angemessen. Er plädiere für eine Geldstrafe wegen des Besitzes eines gefälschten Richterausweises.
Das Gericht verurteilt den Angeklagten im Fall des Richterausweises aufgrund der geständigen Einlassung und der Vorstrafen zu einer Haftstrafe von vier Monaten. Vom Vorwurf des Betrugs spricht es den 33-Jährigen frei: Man könne nicht feststellen, ob ein Betrug vorlag oder ob dem 64-Jährigen das Risiko immer bewusst war.
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