Landwirtschaft

Ohne Kükentöten: Gocher sind stolz auf neue Hybridzüchtung

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Die Küken in der Kükenzuchtstation in Goch.

Die Küken in der Kükenzuchtstation in Goch.

Foto: Andreas Gebbink / NRZ

Goch-Hommersum.  Der Aufdruck „Ohne Kükentöten“ im Supermarkt ist oft ein Fake. Ein Gocher Züchter stellt jetzt eine neue Hybridzüchtung vor - das sei die Lösung.

Wenn es nach Inga Günther geht, dann sollen wir alle deutlich weniger Fleisch essen: „Wir wissen, dass es nicht gut ist, so viele tierisches Eiweiß zu uns zu nehmen. Wir müssen in Summe einfach weniger Fleisch essen“, sagt die Geschäftsführerin des Ökologischen Tierzucht-Betriebes in Goch-Hommersum. Als einer der ersten Betriebe in Europa wird hier ein so genanntes Zwei-Nutzungs-Huhn gezüchtet. Ein Huhn, welches rentabel Eier legt, und ein Hahn, der für die Fleischproduktion nützlich ist. Klingt ganz einfach – ist in der deutschen Massentierproduktion aber fast unmöglich umzusetzen.

Denn in der industriellen Landwirtschaft sind nicht nur die Preise pervertiert, sondern auch die Tierzucht an sich. Für die Fleischproduktion gebe es das Masthuhn, für die Eierproduktion die Legehennen. Beide sind so für die industrielle Produktion durchoptimiert, dass dies widernatürlich ist. Bei den Legehennen ist das männliche Küken quasi nutzlos und wurde bis zum Verbot 2021 getötet.

Das Verbot hat wenig gebracht

Doch mit dem Verbot habe sich nichts zum Besseren gewendet, berichtet Betriebsleiter Inga Günther den Grünen Abgeordneten Ophelia Nick, Ulle Schauws (beide MdB) und Volkhard Wille (MdL). In Deutschland gebe es keine einzige Züchterei mehr. Die Eier werden jetzt einfach importiert. Die Werbung „Ohne Kükentöten“, die jetzt auf vielen Ei-Verpackungen zu finden ist, sei „in Wahrheit ein Fake“, so Günther. Einzig Bioland und Demeter würden in Deutschland Hähne aufziehen. Den Politikern gab sie mit auf den Weg, eine deutlich bessere Verbraucheraufklärung zu betreiben. Aktuell werde der Verbraucher hinters Licht geführt.

Auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Goch-Hommersum hat der Betrieb ÖTZ gGmbH als Gegenbeispiel eine große Zucht aufgebaut und zieht hier die so genannten Zwei-Nutzungs-Hühner heran. Aus den Rassen New Hampshire bzw. White-Rock und das Bressehuhn werden diese Hybride gezüchtet. Das Konzept hat zur Folge, dass die Hühner länger leben – 16 bis 18 Wochen. Die konventionellen Masthähnchen sind nach 30 Tagen schlachtreif: „Das sind richtige Piranhas“, sagt Andrea Bodden, die mit ihrem Mann Jens Bodden den Grund und Boden in Hommersum pachtet. Sie haben auch einen eigenen Betrieb in Goch.

Das Fleisch ist teurer

Dieser Mehraufwand führt dazu, dass das Fleisch am Ende teurer ist. Ein Kilo des Zwei-Nutzungs-Huhn kostet 15 Euro. Das Fleisch vom Masthähnchen gibt es für 2,95 Euro hinter der Theke.

Jens Bodden ist froh, dass er seinen Betrieb auf ökologische Landwirtschaft umgestellt hat und eine Zusammenarbeit mit dem ÖTZ führt. „Wir können wieder mit Freude in den Hühnerstall gehen. Industrielle Haltung macht nämlich keinen Spaß“, sagt er und erinnert daran, dass auch er vor mehr als 20 Jahren Hühner in kleine Käfige gesperrt hatte und ihnen die Schnäbel abgeschnitten hat. „Die Landwirtschaft muss wieder mehr in bäuerliche Hand“, ist seine Überzeugung und er sagt: „80 Prozent der Weltbevölkerung wird von kleinen Bauern ernährt und nur 20 Prozent von der industriellen Landwirtschaft. Und es ist gerade diese, die uns all die Probleme bereitet.“

Damit Landwirte Hühner auch wirtschaftlich halten können, sollte ein Bauer mindestens 50 Cent pro Ei verdienen, sagt Betriebsleiterin Günther. Die teuren Zwei-Nutzungs-Hühner haben es auch schwer, auf dem Markt entsprechende Preise zu erzielen. Hier benötigten die Landwirte auch mehr Unterstützung von der Politik, so Günther.

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