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Wahl Niederlande: So geht es nach großem BBB-Wahlsieg weiter

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Große Gewinne bei den niederländischen Provinzwahlen verzeichnete die rechtspopulistische Bauer-Bürger-Bewegung BBB.

Große Gewinne bei den niederländischen Provinzwahlen verzeichnete die rechtspopulistische Bauer-Bürger-Bewegung BBB.

Foto: Sem van der Wal / ANP / AFP

Aus den Niederlanden.  Niederländische Provinzwahl: Die Regionen haben Den Haag abgestraft. BBB-Partei ist nun überall stärkste Kraft und könnte Koalitionen stellen.

Noch während die Auszählungen am Tag nach den Provinzwahlen noch liefen, zeigte sich bereits: Die Wählerinnen und Wähler in den Niederlanden haben ihrer Regierung in Den Haag einen dramatischen Denkzettel verpasst. Die Koalitionsparteien verloren deutlich, während die erst 2019 gegründete, populistische Protestpartei Boer-Burger-Beweging (BBB) stärkste Kraft in allen Provinzen wurde - und damit die Regierungskoalitionen in vielen Provinzparlamenten eingehen könnte.

In der Grenzprovinz Limburg führt die BBB laut dem öffentlich rechtlichen Sender "1Limburg" bereits erste Gespräche mit allen Parteien. Die BBB hatte demnach landesweit keine Parteien ausgeschlossen. Koalitionen seien mit allen möglich, "die mit gesundem Menschenverstand mit uns regieren wollen." Auch in den anderen Provinzen untersucht die Partei, mit wem sie zusammenkommen könnte. In der Grenzprovinz Gelderland etwa gilt die Partei wegen ihres besonders starken Ergebnisses als prädestiniert für eine Regierungskoalition.

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BBB-Frontfrau Caroline van der Plas versprach Medienberichten zufolge ihren Wählerinnen und Wählern allerdings noch am Tag nach der Wahl, dass ihre Partei sich nur an regionalen Koalitionen beteiligen werden, wenn diese eine Enteignung von Landwirtschaften ausschließe. Dagegen bekräftigte die linksliberale Regierungspartei D66, dass sie an der „progressiven Agenda“ etwa beim Klimaschutz und in der Landwirtschaft festhalten werde.

Ob ein Zusammenkommen der anderen Parteien mit der BBB überall gelingt, scheint derzeit fraglich. Die Sozialdemokraten und die Grünen traten erstmals gemeinsam zur Wahl an und konnten leichte Gewinne verbuchen. Wo "Groen-Links" stark abgeschnitten hat, könnte eine Zusammenarbeit schwieriger werden. Auch andere Koalitionen ohne BBB sind in Teilen des Landes also durchaus denkbar. Die Protestbewegung BBB wurde aber nicht nur in ländlichen Gebieten stark, sondern auch in Städten.

Hauptthema der Wahlen waren die angekündigten drastischen Umweltauflagen für die intensive Landwirtschaft, gegen die Landwirtinnen und Landwirte seit Monaten auch mit Gewalt protestieren. Die Niederlande mit ihren 17,5 Millionen Einwohnern und einer Größe von Niedersachsen sind nach den USA der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt. Zugleich zählt das Land zu den größten Treibhausgasemittenten in Europa.

Großer Verlierer der Provinzwahlen 2023 ist das rechtsextreme Forum für Demokratie. Noch vor vier Jahren war es überraschender Wahlsieger, doch die Partei brach nach internem Streit schnell auseinander. Aber auch der Rechtspopulist Geert Wilders verlor Wähler an die BBB. Rechtspopulistische Parteien beherrschen in den Niederlanden seit über 20 Jahren die nationale Debatte, und sie werden immer größer.

Auch dieses Wahlergebnis zeigt Beobachtern zufolge, dass die Wut der Bürger auf die etablierten Parteien nicht abnimmt. Der Block rechts von Ruttes rechtsliberaler VVD umfasst mittlerweile fünf Parteien, die gemeinsam etwa ein Drittel der Wähler repräsentieren. „Jetzt muss sich endlich etwas ändern“, sagte BBB-Chefin van der Plas.

Provinzwahlen in den Niederlanden machen Den Haag Probleme

Die vier Parteien der Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte verloren nicht nur in den zwölf Provinzen des Landes deutlich, sondern auch in der Ersten Kammer des nationalen Parlaments, vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat. Dort werden sie nach den Hochrechnungen vom Donnerstag nur noch über knapp ein Drittel der Mandate verfügen - sie landeten somit weit entfernt von der für Gesetzesbeschlüsse notwendigen Mehrheit. Es gilt als zweifelhaft, ob die Koalition unter Premier Mark Rutte dann noch eine Mehrheit für ihre Vorhaben findet.

Die Protestpartei BBB vertritt nach den Worten ihrer Vorsitzenden Caroline van der Plas „die Bürger, die nicht gehört werden“. Der große Wahlsieg sei ein Signal an Den Haag: „Sie können uns nicht länger ignorieren. Wir werden mitregieren.“ Für den rechtsliberalen Rutte, der seit zwölf Jahren Ministerpräsident ist, wird das Regieren nun äußerst schwierig. Beobachter bezweifeln, dass er wichtige Gesetze zum Klimaschutz, zur Reform der Landwirtschaft oder beim Thema Asyl durchbringen kann. (mh/dpa/AFP)

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